In sozialen Medien wird Protein seit einiger Zeit regelrecht gefeiert. Influencer, Fitness-Coaches und selbsternannte Ernährungsexperten propagieren das Narrativ: "Je mehr Protein, desto besser." Dabei fällt auf, dass teilweise Empfehlungen von 2-4 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht ausgesprochen werden, und das für ganz normale Durchschnittsmenschen ohne besondere sportliche Belastung.
Doch ist dieser Trend wirklich gesund? Oder überschätzen wir gerade massiv die Vorteile und ignorieren dabei potenziell gravierende Nebenwirkungen? Lass uns gemeinsam einen genaueren Blick darauf werfen.
Der Protein-Hype: Zwischen Marketing und Missverständnissen
Was früher die Low-Fat-Diät war, ist heute High-Protein: unzählige neue Produkte mit dem Etikett "Proteinreich" überschwemmen den Markt. Riegel, Puddings, Kekse, Chips, alles angeblich gesund, weil viel Protein drinsteckt. Doch ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt: viele dieser Produkte enthalten kaum gesunde Fette, keine komplexen Kohlenhydrate, sind stark industriell verarbeitet, voll mit Zusatzstoffen und liefern nur sehr wenige oder gar keine Mikronährstoffe.
Hinzu kommt: Die verwendeten Proteine sind meist hochisoliert und stark denaturiert. Sie stammen aus Molkenproteinisolaten, Sojaisolaten oder anderen isolierten Quellen, die in der Produktion intensiv verarbeitet, erhitzt, getrocknet und gelagert wurden. Dabei geht nicht nur ein Teil der biologischen Verfügbarkeit verloren, sondern auch viele synergistische Begleitstoffe wie Enzyme, Bitterstoffe, Co-Faktoren und Mikronährstoffe. 30g Protein aus einem Shake sind daher nicht gleichzusetzen mit 30g Protein aus einem Stück Tofu, Linsen oder einem Steak.
Biochemie der Proteinverdauung: Komplex und langsam
Proteine sind große, komplexe Moleküle, die in einem vielstufigen Prozess aufgespalten werden müssen, beginnend im Magen mit Pepsin, dann weiter im Dünndarm und schließlich im Dickdarm. Dieser Prozess braucht Zeit. Wird nun eine hohe Menge isolierter Proteine schnell konsumiert, kann es passieren, dass ein Teil davon den Magen-Darm-Trakt zu schnell passiert und nicht vollständig aufgespalten wird.
Diese unverdaute Proteinmasse landet im Dickdarm, wo sie von proteolytischen Bakterien fermentiert wird. Dabei entstehen Gase, Ammoniak, Alkohole, aromatische Amine, Phenole und andere Stoffwechselprodukte, die die Darmschleimhaut reizen und die Barrierefunktion der Darmwand schwächen können. Gleichzeitig fördert diese Proteinlast bestimmte Bakterienstämme und verdrängt andere. Das kann langfristig zu einer Dysbiose im Mikrobiom führen. Genau diese Prozesse sind auch ein häufiger Grund für Blähungen, Völlegefühl oder übelriechende Flatulenzen nach dem Konsum von Proteinshakes oder anderen stark konzentrierten Eiweißprodukten.
Metabolische Belastung: Nieren, Säurelast und Ammoniak
Eine zu hohe Proteinzufuhr, insbesondere aus isolierten Quellen, belastet auch deine Entgiftungsorgane. Beim Abbau der Aminosäuren entsteht Ammoniak, ein Zellgift, das in der Leber zu Harnstoff umgewandelt werden muss und über die Nieren ausgeschieden wird. Bei chronischer Überlastung kann dies die Nieren belasten, insbesondere, wenn zu wenig Flüssigkeit aufgenommen wird. Deshalb solltest du nach einem Proteinshake immer auch ein Glas Wasser hinterher trinken.
Zusätzlich führt ein Proteinüberschuss zur Bildung säurebildender Metaboliten. Der Körper muss diese überschüssige Säure puffern, unter anderem durch basische Mineralien wie Calcium, Magnesium oder Kalium. Diese werden dem Körper unter Umständen aus Knochenspeichern oder Zellen entzogen, was langfristig eine negative metabolische Nettobilanz zur Folge haben kann. Eine proteinreiche Mahlzeit sollte deshalb diese Co-Faktoren mitliefern, wie es bei unserem NATGYM Proteinshake zum Beispiel der Fall ist.
Weitere Risiken: IGF-1, Krebsrisiko und gestörte Sättigungssignale
Ein dauerhaft sehr hoher Proteinkonsum kann über Insulin und den Wachstumsfaktor IGF-1 bestimmte Zellteilungsprozesse anregen, was mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten (z.B. Prostata, Brust, Darm) in Verbindung gebracht wird, insbesondere bei übermäßigem Konsum tierischer Proteine wie Milchprodukten oder Whey.
Außerdem führt ein zu starker Fokus auf Protein dazu, dass andere wichtige Makronährstoffe verdrängt werden: komplexe Kohlenhydrate, gesunde Fette, Mikronährstoffe und Ballaststoffe kommen oft zu kurz. Die Folge: trotz "Protein-Sättigung" bleibt der Körper unterversorgt mit anderen wichtigen Nährstoffen.
Was du stattdessen tun solltest
- Ausgewogenheit statt Einseitigkeit: Eine gesunde Mahlzeit besteht nicht nur aus Protein, sondern auch aus komplexen Kohlenhydraten, gesunden Fetten, Ballaststoffen und Mikronährstoffen. Natürliche, unverarbeitete Lebensmittel liefern all das im optimalen Paket.
- Proteinpulver mit Bedacht einsetzen: Sie können sinnvoll sein, um eine Mahlzeit zu ergänzen oder bei einem erhöhtem Bedarf (z.B. Sport, Heilungsprozesse). Doch als Hauptproteinquelle sind sie nicht wirklich geeignet.
- Natürliche Proteinquellen bevorzugen: Linsen, Bohnen, Nüsse, Hanfsamen, Quinoa, Eier, Fisch, fermentierte Milchprodukte, Tofu, Tempeh: Sie liefern neben Protein auch viele andere wertvolle Nährstoffe.
- Achte auf dein Mikrobiom: Vermeide Proteinbomben, die deine Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen. Dein Darm ist der Schlüssel für deine Immunabwehr, Energieproduktion und mentale Gesundheit.
- Hör auf deinen Körper: Völlegefühl, Blähungen, starker Eiweißgeruch im Urin oder Mundgeruch nach Proteinshakes sind Warnzeichen, dass dein Organismus durch zu viel Protein überlastet ist.
Fazit
Protein ist ein essenzieller Makronährstoff, keine Frage. Doch der aktuelle Hype geht zu weit. Vor allem isolierte, hochverarbeitete Proteine in großen Mengen können mehr schaden als nützen. Eine ganzheitliche, naturbelassene Ernährung, die alle Makronährstoffe und Mikronährstoffe einschließt, bleibt der klügste Weg zu nachhaltiger Gesundheit.