Fette, oder wissenschaftlich ausgedrückt: Lipide, haben lange Zeit einen schlechten Ruf gehabt. "Fett macht fett" hieß es über Jahre hinweg in Ernährungsempfehlungen. Doch dieses Narrativ greift viel zu kurz. Gesunde Fette sind essenziell für Deinen Körper. Sie sind nicht nur Energielieferanten, sondern auch Baustoffe für Zellen, Träger fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K), und sie spielen eine zentrale Rolle in Deinem Hormonhaushalt. Ohne Fette keine gesunde Zellstruktur, keine Hormonproduktion und auch kein effektiver Muskelaufbau. In diesem Artikel erkläre ich Dir, warum Fette für Deine Gesundheit entscheidend sind und worauf Du achten solltest, um schädliche Fettquellen zu vermeiden.
Fette sind mehr als nur Kalorien
Ja, Fette haben mit 9 kcal pro Gramm mehr Energie als Kohlenhydrate oder Eiweiße. Aber das macht sie nicht per se ungesund. Dein Gehirn besteht zu großen Teilen aus Fett. Jede einzelne Zellmembran Deines Körpers ist aus einer Lipid-Doppelschicht aufgebaut. Ohne Fette könnten Deine Zellen nicht funktionieren. Auch Hormone wie Östrogen, Testosteron oder Cortisol werden aus Cholesterin gebildet, einem Fettmolekül.
Nicht zu vergessen: Auch Deine Muskeln profitieren von gesunden Fetten. Für Muskelaufbau und -erhalt sind Fette notwendig, sowohl als Energiequelle für die Muskelzellen als auch für die Regulation anaboler Signalwege wie mTOR. Ohne ausreichend gesunde Fette ist keine effektive Muskelproteinsynthese möglich.
Warum die Fettqualität entscheidend ist
Nicht jedes Fett ist gleich. Entscheidend ist die biochemische Struktur:
- Gesättigte Fette sind stabil und kommen z. B. in Kokosfett oder Butter vor. Sie sind weniger oxidationsanfällig und wichtig für die strukturelle Stabilität Deiner Zellmembranen.
- Einfach ungesättigte Fette wie in Olivenöl sind oxidationsanfälliger als gesättigte Fette, aber gesund, wenn sie frisch und nicht oxidiert sind. Sie sind bei Zimmertemperatur flüssig und wichtig für die Flexibilität und Fluidität deiner Zellen und Gewebe.
- Mehrfach ungesättigte Fette wie Omega-3 und Omega-6 sind lebensnotwendig, aber hoch reaktiv. Sie oxidieren leicht und müssen sehr sorgsam behandelt werden. Sie sorgen für Flexibilität, Durchlässigkeit und Fluidität Deiner Zellmembranen. Die richtige Balance zwischen gesättigten und ungesättigten Fetten ist entscheidend für eine optimale Zellfunktion.
Besonders kritisch sind industriell verarbeitete Fette:
- Transfette entstehen durch industrielle Härtung oder starkes Erhitzen, besonders bei ungesättigten und mehrfachungesättigten Fetten und Pflanzenölen. Transfette können vom Körper in Zellmembranen eingebaut werden, behindern dadurch deren Funktion und fördern chronische Entzündungen.
- Oxidierte Fette (insbesondere mehrfach ungesättigte) entstehen durch Licht, Hitze oder Sauerstoffeinfluss. Sie bilden schädliche Verbindungen wie Aldehyde oder Lipidperoxide, die Zellfunktionen stören und das Immunsystem triggern. Diese Fette werden nicht nur in Zellmembranen eingebaut und stören dort die Funktion, sondern auch ins Körperfett eingelagert, was dort zu lokalen Entzündungsreaktionen und toxischen Abbauprodukten führen kann.
Der Zusammenhang zwischen Fetten und Entzündungen
Oxidierte oder verunreinigte Fette werden vom Immunsystem als Gefahr erkannt. Sie wirken wie molekulare Alarmsignale (sog. DAMPs), die stille Entzündungen auslösen. Diese "Silent Inflammation" steht im Verdacht, viele chronische Krankheiten zu begünstigen: Diabetes Typ 2, Arteriosklerose, Alzheimer und Autoimmunerkrankungen.
Warum Proteine und Kohlenhydrate weniger kritisch sind
Im Gegensatz zu Fetten sind Proteine und Kohlenhydrate deutlich weniger anfällig für oxidative Schäden. Denaturierte Proteine (z. B. durch Kochen) werden im Verdauungstrakt zuverlässig in Aminosäuren zerlegt, aus denen der Körper neue, funktionale Eiweiße nach seinem eigenen Bauplan herstellt. Die Denaturierung beeinflusst also nicht die Qualität des Endprodukts im Körper.
Auch Kohlenhydrate sind relativ stabil. Sie werden größtenteils in Glukose und Fruktose zerlegt und dann entweder direkt verstoffwechselt oder in Form von Glykogen gespeichert. Oxidative Veränderungen oder Ranzigkeit, wie sie bei Fetten auftreten, spielen bei Kohlenhydraten keine bedeutende Rolle. Deshalb stellen schlecht gelagerte oder erhitzte Proteine und Kohlenhydrate in der Regel kein größeres entzündliches Risiko dar, ganz im Gegensatz zu Fetten, deren Oxidationsprodukte direkt zellschädigend und immunaktivierend wirken können.
Wie Du Fette richtig auswählst
- Vermeide stark erhitzte Fette: Frittieren, Grillen oder Braten bei hoher Hitze oxidiert empfindliche Öle.
- Nutze stabile Fette zum Erhitzen: z. B. Kokosöl, Butterschmalz (Ghee) oder Rindertalg (Tallow).
- Kaltgepresste Öle wie Leinöl oder Hanföl solltest Du ausschließlich kalt verwenden und im Kühlschrank lagern.
- Setze auf natürliche Fettquellen: Nüsse, Samen, Avocados, Eier von freilaufenden Hühnern, fetter Fisch (z. B. Makrele, Hering).
- Vermeide Transfette und industriell gehärtete Fette wie sie z. B. in Margarine oder frittierten Produkten vorkommen.
- Lagere Öle und Fette dunkel, kühl und luftdicht, um Oxidation zu vermeiden. Lass sie nicht offen herumstehen.
- Gefährliche Nüsse: Vermeide geschälte Nüsse, da sie ranzige Fette enthalten. Nutze ungeschälte Nüsse und knacke sie frisch vor dem Verzehr.
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Vermeide fettlastige Industrieprodukte, die oft hohe Mengen an Transfetten oder oxidierten Fetten enthalten. Dazu zählen insbesondere:
- Frittierte Produkte (Pommes, Chicken Nuggets, Krapfen etc.)
- Tiefkühlprodukte wie Fertigpizza, Blätterteig-Snacks, Aufbackbrötchen
- Fastfood-Produkte aus Schnellrestaurants
- Billige Backwaren aus dem Supermarkt oder der Bäckerei
- Industriell hergestellte Kekse, Cracker und Chips
- Billige Pflanzenöle wie Sonnenblumen-, Raps- oder Sojaöl aus dem Discounter oder Supermarkt
Fazit:
Fette sind ein komplexes, aber lebenswichtiges Thema. Es geht nicht darum, Fett zu meiden, sondern klug auszuwählen. Die größte Gefahr geht nicht von Fett an sich aus, sondern von schlechter Qualität, Oxidation und industrieller Verarbeitung. Wenn Du natürliche, frische und sorgsam behandelte Fettquellen wählst, unterstützt Du Deine Zellgesundheit, Deine Hormone, Deine Muskulatur und Dein Immunsystem auf nachhaltige Weise. Iss Fett, aber das richtige!